der vorsitzende des uerdinger heimatbundes, ehemaliger bezirksvorsteher und ratsherr, hat es nicht so mit zahlen – kann aber sehr gut rechnen. porträt | uerdingen bereits in meiner anfangszeit bei der rheinschau traf ich elmar jaku- bowski. damals ging es um den uerdinger heimatbund und die schätze, die das bügeleisen als heimstatt des vereins birgt. diesmal soll es ein porträt über ihn werden und ich treffe ihn wieder dort. es ist montag- nachmittag, eigentlich öffnungszeit und dann schwirren normalerwei- se die mitglieder ein und aus, oder beugen sich am langen tisch über wälzer aus dem archiv, weil sie sich tiefer in das eine oder andere thema einarbeiten wollen. diesmal kommen sie nur sporadisch, etwas holen, etwas abgeben und sind gleich wieder verschwunden: corona! keine einfache zeit. „sei brav!“, gibt elmar jakubowski zum abschied jedem von ihnen mit auf den weg. wir haben ruhe für dieses gespräch und ich bekomme so ganz nebenbei geschichtsunterricht. es war auch keine einfache zeit in die elmar jakubowski hineingeboren wurde und er, der mensch, der es mit zahlen nicht so hat, nennt gern das datum: 14.11.41. halb scherzhaft, halb empört fügt er hinzu. „in krefeld!“ der vater war als soldat im krieg und die werdende mutter holte sich die notwendige unterstützung bei der werdenden großmutter in krefeld. „aber sobald es ging, zogen wir wieder nach uerdingen“, sagt er und nickt beruhigt. im norden uerdingens, an der kastanienstraße, hatte der vater ein friseurgeschäft. der kleine elmar blieb ein einzelkind „und war entsprechend nicht der bravste“, wie er mit hochgezogenen augenbrauen bekennt. schon im kindergarten st. heinrich, damals von schwestern geleitet, wusste er deren strengem regiment zu entkommen, indem er mutig über das hohe tor kletterte, um mit den kumpels blödsinn zu machen, die nicht in den kindergarten gingen. geht es um das einschulungsdatum muss er rechnen: 1948 wurde er in die heinrichschule eingeschult und aus dieser zeit gibt es erzählungen, wie er den einen tag brav, hand in hand mit dem nachbarsmädchen zur schule lief, und ihm am nächsten tag die nachricht voraus eilte, dass er sich schon wieder gekloppt habe. unter- stellt man, dass die anderen angefangen haben, gibt er sich diploma- tisch: „da habe ich zweifel.“ eine selbsterkenntnis, die ihm vermutlich sein leben als lehrer leichter gemacht hat. weil die höheren schulen in uerdingen räumlich noch sehr begrenzt waren – der unterricht wurde in schichten – für die einen vormittags, die anderen nachmittags – erteilt, schickten ihn die eltern nach moers, aufs adolfinum, das als staatliche schule zu diesem zeitpunkt bereits besser aufgestellt war. dieses gymnasium verfügt über eine mehr als 400-jährige tradition. „hans dieter hüsch hat an dieser schule eben- falls abitur gemacht. zu der zeit, als ich aufgenommen wurde“, sagt jakubowski. der kabarettist ist einer von 27 absolventen der schule mit eigenem wikipedia-eintrag (und da gibt es keinen über elmar jaku- bowski). für den schulweg nutzte er die bahnlinie von düsseldorf nach moers, deren strecke über uerdingen ging. „die war eingleisig“, erzählt er. „in trompet gab es ein zweigleisiges stück. da mussten die entge- genkommenden züge aufeinander warten und durften erst weiterfah- ren, wenn der schaffner des einen zuges einen staffelstab an den des entgegenkommenden übergeben hatte. damit sie nicht auf freier stre- cke zusammen stießen.“ nach dem abitur ging es schnurstracks in die drei richtungen – beruf, politik und heimatbund. denn irgendwie hing alles miteinander zusam- men. in den lehrerberuf durfte er schon als schüler hineinschnuppern: der rektor franz aus der nordschule in uerdingen bat ihn bisweilen, eine klasse zu beaufsichtigen, denn auch damals herrschte lehrer- mangel. „das hat mir immer spaß gemacht“, erinnert er sich. entspre- chend ging er an die pädagogische hochschule nach köln und später nach neuss. sein dortiger freundeskreis beschäftigte sich mit politik und so kam er zur jungen union. zum heimatbund kam er, als er seine arbeit fürs zweite staatsexamen über die uerdinger kirche st. peter schrieb. „da habe ich viel zeit im archiv zugebracht und heinz trebels“, damals amtsleiter in uerdingen und ebenfalls mitglied im heimatbund, „hat mich eingefangen. die brauchten nämlich einen vorsitzenden.“ das ist er bis heute. und wieviel jahre das nun schon sind, weiß er nicht. und es interessiert ihn auch nicht – seine form von bescheidenheit. frühjahr 2022 | 5